Hermann Glatzer und Norbert Kolowrat führen seit 15 Jahren gemeinsam als Obmann und Kapellmeister die Geschicke des Musikverein Kleinneusiedl. Auf welche Entwicklungen der letzten Jahre sie besonders stolz sind, wie es mit dem Verein ganz allgemein und ihnen persönlich weitergeht, verraten die beiden im großen Jubiläumsinterview.
Hermann, du bist seit 15 Jahren Obmann, damit auch der längstdienendste in
der Geschichte des Musikvereins, wie bist du beim Verein gelandet?
Hermann: Ich habe gleich bei der Gründung im Jahr 1973 begonnen. Allerdings war damals nach sechs Monaten der Ehrgeiz weg, als es ans Noten lernen ging. Aber natürlich habe ich immer Kontakt gehalten, meine Mutter hatte ja ein Wirtshaus in der Ortschaft, meine ganzen Jugendfreunde waren beim Verein, meine Schwiegermutter war lange Kassier, meine Schwägerin Marketenderin. Ich war bei der Feuerwehr und beim Fußball, aber mit dem Herzen immer bei der Musik.
Und wie hast du zum Musikverein zurück gefunden?
Hermann: 1999 hat unsere Tochter Irina begonnen und nachdem meine Frau und ich am Anfang immer nur dabei gesessen sind und zugehört haben, dachten wir uns irgendwann, da können wir doch gleich auch mitspielen. Für mich war das eine Rückkehr ins soziale Leben. Ich bin Unternehmer und habe nur mehr für die Firma gelebt, ich war ein Workaholic. Deswegen bedeutet mir der Musikverein auch so viel. Am Freitagnachmittag ist Schluss mit der Firma, dann geht es in die Probe und da geht es mir nicht nur um die Musik. Die Freundschaften hier, das familiäre Klima, das möchte ich nicht mehr missen.
Wir haben es nicht mit der Quantität, sondern mit der Qualität. Hier hilft jeder jedem. Und das sind bei uns wirklich nicht nur leere Worte.
Hermann Glatzer
Und du Norbert? Du bist ja auch seit rund 15 Jahren Kapellmeister. Wie lange bist du beim Verein dabei?
Norbert: Ich war schon unter Tschany und Reszny, meinen beiden Vorgängern, Stellvertreter. Beim Verein selbst bin ich seit 45 Jahren. Begonnen habe ich mit Klarinette, später bin ich dann zur Querflöte gewechselt und habe auch immer wieder auf der großen Trommel ausgeholfen.
Wenn ihr auf die letzten Jahre zurückblickt, auf welche Entwicklung, seid ihr besonders stolz?
Norbert: Natürlich gibt es einzelne Auftritte, Erfolge bei Marschwertungen, besonders gelungene Neujahrskonzerte, die mich sehr gefreut haben. Aber insgesamt ist mir immer wichtig gewesen, dass wir uns weiterentwickelt haben. Ich habe damals eine tolle Kapelle übernommen. Ich bin generell ein Mensch, der versucht, besser zu werden und das habe ich natürlich auch als Kapellmeister
versucht umzusetzen. Ich habe nie Stücke ausgesucht, die absolut nicht möglich zu spielen waren. Natürlich war manches auf den ersten Blick sehr schwer und es war oft harte Arbeit, ein Stück in den Proben zu erarbeiten. Aber wenn wir es
dann geschafft haben, wenn wir ein schweres Stück wirklich drauf hatten, dann war nicht nur ich stolz, sondern dann konnten wir – völlig zu recht – alle miteinander stolz auf uns sein.
Hermann: Als Obmann muss ich jetzt natürlich sagen, dass ich besonders stolz
auf die Erweiterung des Musikerheims und die Revitalisierung der Infrastruktur bin und dass der Verein heute wie damals auf gesunden finanziellen Beinen steht. Aber viel mehr freut mich die Gemeinschaft und die Freundschaft, die ich in unserem Verein spüre. Bei uns darf jeder sein, wie er ist. Natürlich wird schon mal diskutiert, aber am Ende finden wir immer eine gemeinsame Lösung, mit der alle zufrieden sind.
„Norbert ist ein sehr energischer und impulsiver Kapellmeister, aber nie persönlich, nie nachtragend, immer die anderen unterstützend.“
Hermann Glatzer
Hermann, bei dir gibt es noch etwas ganz persönliches, auf das du bis heute stolz bist?
Hermann: Bis heute einer meiner schönsten Momente war zwei Jahre, nachdem ich wieder mit der Musik begonnen habe. Meine Frau Veronika hat ja gleichzeitig mit mir begonnen, ist aber viel talentierter als ich und konnte 2001 schon bei der Marschmusikwertung auf der Klarinette mitgehen. Ich war noch nicht ganz so weit. Aber ich wollte unbedingt mitgehen, Teil der Kapelle sein. Also habe ich gefragt, ob ich mit der Tafel vorne marschieren kann. Zuerst haben alle nur geschaut und nicht geglaubt, dass ich das ernst meine, normal machen das ja kleine Kinder. Aber für mich war klar: Ich bin Teil der Kapelle, ich gehe da mit. Und
das war damals unglaublich schön für mich.
Norbert: Genau das ist es auch, was uns als Verein auszeichnet. Jeder, der bei uns aktiv ist, weiß, was er am Verein hat. Unser Ziel war immer, dass der Musikverein bei allen den gleichen Stellenwert hat. Wir können natürlich niemanden zwingen, regelmäßig zu den Proben zu kommen, daheim zu üben oder sich am Wochenende für Ausrückungen und Auftritte Zeit zu nehmen. Gerade heutzutage mit einem riesigen Freizeitangebot ist dieser Zusammenhalt, diese Leidenschaft
noch viel wertvoller und wichtiger als vielleicht vor 20, 30 Jahren. Früher gab es
ja nur die Feuerwehr, den Fußball und die Musik. Deshalb bemühen wir uns, unseren Mitgliedern ein besonderes Gefühl, eine ganz besondere Wertschätzung zu geben und zu vermitteln. Und ich glaube, das zeichnet uns auch aus.
„Ein Verein ist heute wie ein Kleinunternehmen, nicht nur von der finanziellen, sondern auch von der sozialen Verantwortung.“
Norbert Kolowrat
Hermann: Was mich auch sehr freut ist, wie wir unseren Musikerheurigen aufgestellt und organisiert haben. Der Musikerheurigen ist für uns natürlich lebensnotwendig. Das ist unsere wirtschaftliche Hauptschlagader. Und den haben wir mittlerweile so gut organisiert, den können wir fast auf Knopfdruck machen. Da ist alles innerhalb von wenigen Stunden organisiert und innerhalb von zwei Tagen steht der Heurigen. Und das kann jeder im Verein. Das macht mich sehr stolz.
Als Obmann und Kapellmeister führt ihr den Verein, wie habt ihr die gemeinsame Arbeit empfunden?
Norbert: Wir haben immer sehr gut zusammengearbeitet. Und ich bin auch sehr
zufrieden mit unserer Entwicklung in den letzten 50 Jahren. Da gab es natürlich manchmal negative Erlebnisse und Situationen, aber auch hier haben wir alle die
Verantwortung übernommen. Wir mussten da sein, haben zusammengehalten und uns vor den Verein gestellt.
Hermann: Es wurde immer die Gemeinschaft und das Wir gefördert. Mir war es
immer wichtig, auf die Individualität der tragenden Köpfe zu setzen. Viele Wege
führen nach Rom, nicht nur meiner ist der richtige. Norbert setzt die musikalische
Handschrift des Vereins, ich kümmere mich um die finanziellen Gegebenheiten. Uns verbindet auch eine sehr tiefe, innige Freundschaft.
Ihr macht das jetzt beide 15 Jahre, ein Jubiläum ist auch immer ein guter Zeitpunkt, um ein bisschen in die Zukunft zu schauen. Wie geht es mit dem
Verein weiter, wie lange wollt ihr noch als Obmann und Kapellmeister weitermachen?
Hermann: Ich werde mich in der näheren Zukunft nicht mehr der Obmannwahl stellen und mich mehr auf die Posaune konzentrieren. Es ist an der Zeit, die nächste Generation ans Ruder zu lassen, da freue An der Posaune hochkonzentriert bei der Sache. ich mich auch schon drauf. Um es flapsig
zu sagen, ich will mich wieder in die Reihe setzen und die “Goschn” halten. Wenn wer dann eine Frage hat, bin ich da, aber oberlehrerhaft von der Seite drein reden werde ich sicher nicht. Der Vorstand hat genug Potential, es sind genug Junge da. Wir haben ja auch jetzt schon nicht diktatorisch geherrscht, sondern im Vorstand immer gemeinsam entschieden. Wenn einer eine gute Idee hat, dann braucht er mich nicht um Erlaubnis bitten, sondern kann das auch einfach umsetzen.
Norbert: Wir haben jetzt gerade die glückliche Situation, zwei tolle Nachwuchstalente in den eigenen Reihen zu haben, aus unserer eigenen Jugend kommend, die die Kapellmeisterei übernehmen können. Da ist es auch für mich an der Zeit, Platz zu machen. Auch ich werde dem Verein natürlich erhalten bleiben, mit Rat auf jeden Fall, mit der Tat schauen wir mal (lacht). Ich habe zum 50. Geburtstag eine tolle Klarinette bekommen, ich freue mich wirklich schon sehr darauf, endlich wieder mehr mit ihr spielen zu können.
„Als Kapellmeister muss man eine Kapelle vor allem weiter entwicklen. Neben dem Musikalischen ist auch das Menschliche sehr wichtig.“
Norbert Kolowrat
Und wie geht es mit dem Verein weiter, was glaubt ihr werden die nächsten 50 Jahre bringen?
Hermann: Mich freut, dass die Vereinsmeierei wieder modern wird. Trachten, Blasmusik, das soziale Leben in den Gemeinden, das wird wieder respektiert und geachtet. Wir spüren das auch als Musikverein. Wir bekommen wieder Nachwuchs, unsere Kinder und Enkelkinder kommen jetzt dazu und beginnen mit dem Musizieren, da ist schon eine ganz andere, enge Bindung an den Verein da. Auch Wiedereinsteiger, die als Erwachsene wieder mit der Musik beginnen, das hat für die Zukunft viel Potential. Ich bin ja selbst so einer und ich kann jedem sagen, das ist etwas sehr schönes. Also ich mache mir um die Zukunft wirklich keine Sorgen.
Norbert: Ich wünsche mir für den Musikverein, dass er sich weiter entwickelt. So wie wir in den letzten Jahren immer versucht haben, das Beste zu machen und uns zu verbessern, so soll es auch in Zukunft weitergehen. Aber ich mache mir da gar keine Sorgen, ich glaube, das zeichnet uns alle im Verein ja auch aus, diese Freude an der Veränderung, an der Weiterentwicklung. Der Verein steht sehr gut da, sowohl musikalisch wie auch finanziell. Wir haben damals von unseren Vorgängern einen soliden Sockel übernommen und das Fundament, das wir
jetzt übergeben werden, passt ganz gut.
Welche Botschaft möchtet ihr gerne weitergeben?
Hermann: Der Verein ist für mich eine zweite Familie. Wenn ich nicht in die
Probe gehen kann, dann hat das einen triftigen Grund. Ich mag alle Menschen
beim Verein. Mit manchen kommt man natürlich besser zurecht als mit anderen.
Aber wie in einer Familie, lieben wir uns alle. Unstimmigkeiten werden ausgesprochen, es fliegen schon mal die Fetzen. Aber danach wird versöhnt. Wenn ich nicht in die Probe gehen kann, ist das für mich ein ganz komisches Gefühl. Vor allem während Corona war das ganz schlimm. Diese regelmäßigen
Proben sind wie Familientreffen.
Norbert: Ja, aber die Pandemie hat uns nicht geschadet. Vielleicht hat sie uns ein
bisschen ausgebremst, wir haben musikalisch wieder ein bisschen aufzuholen. Aber nicht beim Zusammenhalt. Das Vereinsleben, das Zusammentreffen, das war, als ob wir nie eine Pause gehabt hätten.
Ein Text aus dem Jubiläumsmagazin des Musikverein Kleinneusiedl „50 Jahre und kein bisschen leise…“. Mehr zum Magazin unter
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